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Date: 2001-08-02
In memoriam Wau Holland
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Allen, die ihn gekannt haben - sei es in seiner beeindruckenden
Natur, oder auch virtuell - wird Wau Holland im Gedächtnis bleiben,
so wie er war. Dass ihn dereinst Profil [damals das führende
Print/wochenmagazin in AT] als "Doyen der deutschen
Hackerszene" tituliert hatte, riss ihn noch Jahre später zu
Lachanfällen hin, die seine Körpermassen tanzen ließ: Ein
Exzentriker, der zugleich in sich ruhen konnte, ein essentieller
Widerspruch per se, unfassbar wie das plötzliche Erscheinen
Epikurs auf der Agora.
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Lutz Donnerhacke
Ein ständiger Denkanstoß
Wau war stets von Grund auf anders als die ihn umgebende Welt,
da sein freier Geist sich nicht in konforme Bahnen lenken lassen
wollte. Die Gesellschaft hat sich seinen Vorstellungen oft gebeugt,
anderenfalls hat es ihn nicht gestört. Wer Anstoß an seinen
Eigenheiten nahm, den hat er nicht weiter belästigt. Scheinbar
ziellos aber doch immer zielstrebig ist Wau seinen eigenem Weg
gefolgt. Versuche, ihm zu einem gut bürgerlichen Leben zu
verhelfen, prallten lange Zeit an ihm ab. Er war noch nicht soweit,
sich fest an einen Ort zu binden.
Sein Engagement galt der Wissensvermittlung für Mitdenker: Wer
ihm zuhörte konnte stets neue Einsichten gewinnen. Seine
prägnaten Merksätze wie "Suchanfragen mit mehr als 23 Treffern
sind zu allgemein" fanden über seine unmittelbare Umgebung
hinaus Eingang in die Ausbildung. Oft verblüffte er mit abwegig
erscheinendem Material, seien es Bilder von Zuses
Rechenmaschinen, Telefone mit abschließbarem Hörer und ohne
Wählscheibe oder einfach nur Dinge aus "anderen" Zeiten. Seine
Arbeit mit Jugendlichen führte ihn an dieser Stelle oft in Konflikte
mit der schnellebigen Konsumgesellschaft, deren typische
Vertreter seiner Erscheinung nichts entgegenzusetzen hatten.
Wau beherrschte die Kunst, einen stets neuen Standpunkt
einzunehmen und so Schranken niederzureißen.
Voreingenommenheit und Engstirnigkeit zerschellten an seiner
Argumentation. Seine Vorträge - oft Monologe der Erinnerung -
wurden weithin geschätzt. Ein echtes Feindbild, eine persönliche
Schublade war ihm fremd. Er vertrat konsequent die Freiheit der
Meinungsäußerung, nicht nur die Meinungsfreiheit. So richtig
übelnehmen konnte man ihm nie etwas. Seine ruhige Art wirkte wie
ein Ölfilm auf rauher See.
Waus privates Chaos war von Lebens- und Experimentierfreude
durchtränkt. Zahnstocherige Aldi-Gurkenkakteen in roter Grütze mit
Weintrauben und Käse gespickt sind eben nicht alltäglich. Ob er
eine giftgrüne Soße kredenzte oder ein eigenwillig
zusammengebautes Telefon anschloß, stets verschwamm die
Grenze zwischen Gefahr und Spaß. Er hat es verstanden, eine
kindliche Neugierde und den dazugehörigen Spieltrieb sein ganzes
Leben lang zu bewahren.
Kurzfristige Umplanungen, selbstgewählte Verpflichtungen ließen
ihm selten die Chance, sich an einem Punkt fest zu binden. Er
wählte unbewußt stets das Neue, Unbekannte. So schlug er
sichere Anstellungen aus: Sie entsprachen nicht seinem Naturell.
Egal, was passierte, Waus bedingungsloser Glauben an die
positive Natur der Dinge übertrug sich auf seine Umgebung. "Think
positive" war einer seiner Leitsprüche. Wie oft hat er kurzfristig eine
persönliche Finanzlage zu klären verstanden? Wie oft hat er in
letzter Sekunde doch noch einen Unterschlupf gesucht? Er war
sicher nicht stets und überall willkommen, aber er hat immer einen
Platz zum Leben und Schlafen gefunden.
In diesem Sommer sollte seine Wanderung ein Ende finden. Das
Haus in Berlin war bezugsfertig. Wenige Tage vor der Einzugsfeier
mußte er seine Planung ändern. Nach Wochen komatöser
Bewegungslosigkeit geht sein Weg nun weiter in Gebiete, in die
ihm alle folgen müssen. Sein ruheloser Geist wird unsere
Gedanken hoffentlich noch oft aufrütteln.
"Ich bin nur ein genetisches Experiment." (Wau über Wau) Es ist
schön, solange daran teilhaben zu dürfen.
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edited by Harkank
published on: 2001-08-02
comments to office@quintessenz.at
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